Ganz allein
Christophe Chabouté
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Ein Mann wurde auf einer weit vor der Küste stehenden winzigen Insel – ein Fels im Meer, der gerade einmal Platz
für einen Leuchtturm bietet – geboren und hat auch nach vielen Jahrzehnten und lange nach dem Tod seiner Eltern, dieses
Eiland nie verlassen, niemals etwas anderes als das weite Meer erblickt und niemals mit einem anderen Menschen gesprochen.
Wenn das Fischerboot kommt, das ihm Vorräte bringt, versteckt er sich, scheut jeglichen Kontakt. Seine Eltern hatten ihn
aufgrund einer Missbildung vor der Welt versteckt, einer der dem inzwischen gealterten Mann völlig fremden Welt. Alles,
was er besitzt, ist ein Lexikon – und jede Menge Fantasie, um sich zu den Begriffen, die er dort liest, etwas
vorzustellen und in Traumwelten abzugleiten. Als ein neues Besatzungsmitglied auf dem die Vorräte auf die Insel bringenden
Fischkutter von der Geschichte erfährt, versucht er vorsichtig Kontakt aufzunehmen und schreibt eine kurze Notiz, die er
bei den Vorräten hinterlässt. Daraufhin äußert der Leuchtturmbewohner (ebenfalls nur schriftlich) den Wunsch nach
„Bildern von der Welt“. Und als er diese in Form einiger Fotografien erhält, hat dies ungeahnte Konsequenzen ...
Im eindrucksvollen Comic-Roman Ganz allein erzählt Christophe Chabouté auf über 360 Seiten einfühlsam diese Geschichte
über die Einsamkeit eines Menschen und wie er diese verkraften kann. Seine Bilder benötigen dabei wenig Worte, in oft
seitenlangen Passagen ohne Text zieht er seine Leser/innen mit seinen Tuscheillustrationen direkt in dieses Drama hinein.
Viel Raum lässt er dabei den Details der Erzählung und erzeugt so ein ganz ungewohntes Lesetempo, wenn er beispielsweise
zu Beginn der Geschichte ganze 16 Seiten nur der Beobachtung des Fluges einer Möwe zum Leuchtturm widmet. Ein
außergewöhnliches Meisterwerk, das von der ersten bis zur letzten Seite fesselt, grafisch brillant in reinem Schwarz
und Weiß zu Papier gebracht.
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Asterios Polyp
David Mazzucchelli
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Ein neues Leben versucht kurz nach seinem 50. Geburtstag Asterios Polyp aufzubauen. Von seiner Frau verlassen, die
Wohnung nach einem Blitzeinschlag ausgebrannt, lässt er alles hinter sich und wagt einen Neuanfang in einem Kaff irgendwo
in der Provinz: Vom anerkannten, ziemlich von sich selbst eingenommenen Architekturprofessor und Buchautor zum
Aushilfsmechaniker in einer kleinen Autowerkstatt.
David Mazzucchelli bringt dies in einer kunstvollen Graphic Novel zu Papier. In nichtchronologischer Erzählweise springt
er zwischen Vergangenheit und Gegenwart, fügt so ein Puzzlestück nach dem anderen über das komplexe Leben Asterios' zusammen
und lässt ein grafisches und literarisches Gesamtkunstwerk entstehen, in dem es um Liebe und Kunst geht, sowie
philosophische Fragen aufgeworfen werden. Die kunstvolle Komplexität seines Werkes spiegelt sich auch in den
Bildern wieder: Die außergewöhnliche Kolorierung durch zehn verschiedene siebdruckartig und in unterschiedlichen
Kombinationen eingesetzten Farben oder die stilistische Vielfalt bei der Mazzucchelli beispielsweise in einem Bild mit
zwei völlig unterschiedlichen Stilen arbeitet, um die Dissonanz zweier Personen grafisch zu zeigen. Die außergewöhnliche
Gestaltung geht bis zum Cover, das unter einem bewusst kleineren Schutzumschlag, die Struktur des Papp/Leinen-Einbands
zeigt.
„Asterios Polyp“, im vergangenen Jahr in den USA mehrfach preisgekrönt, ist das Opus magnum Mazzucchellis, in dem er
auf faszinierende Art mit dem Medium Comic arbeitet.
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Lebensbilder
Will Eisner
Modotti – Eine Frau des 20. Jahrhunderts
Angel de la Calle
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(Auto-)biografisches
Mit Lebensbilder liegt nun der dritte und letzte Band der „Will Eisner Bibliothek“ bei Carlsen vor. Diesmal
enthält der Band zum Teil sogar deutsche Erstveröffentlichungen, wie die etwa 170 Seiten umfassende Erzählung „So läuft
das Spiel“, die an die Biografie der Familie von Will Eisners Frau Ann angelehnt ist. Angelehnt deshalb, da Eisner
hier Reales mit Fiktivem vermischt. Nicht nur änderte er die Namen der Charaktere, sondern nahm sich vor allem bei der Figur
des Poeten Aron eine amüsante erzählerische Freiheit. Aron, der junge Mann aus einfachem bürgerlichen Hause, der sich in ein
Mädchen aus einer alteingesessenen Familie der reichen jüdischen Oberschicht verliebt, ist die Interpretation von Eisner
selbst, nur dass er sich hier nicht wie im realen Leben gegen den Einstieg in das Geschäft des Schwiegervaters entscheidet,
sondern sich hier vom freigeistigen Künstler zum harten und unsympathischen Geschäftsmann entwickelt.
Eisners tatsächlichen beruflichen Werdegang erzählt dagegen die Geschichte „Der Träumer“. Die ersten erfolglosen
Versuche Comiczeichner zu werden, die risikoreiche Entscheidung, einfach ein eigenes Studio zu gründen, um Comics für
verschiedene Auftraggeber zu entwerfen und schließlich der Schritt, das Studio und dessen für junges Publikum produzierte
Comichefte wieder zu verlassen, um einen Neuanfang mit Zeitungscomics für erwachsene Leser zu wagen. Auch hier verfremdete
Eisner die Namen der Protagonisten, doch dank der Anmerkungen, die Denis Kitchen zu der Geschichte verfasste, ist zu
erfahren, von welchen realen Künstlern und Publikationen Eisner in „Der Träumer“ erzählt.
Neben einigen Kurzgeschichten wird der Band noch durch das 200-Seiten-Epos „Zum Herzen des Sturms“ abgerundet,
in dem Eisner die Wurzeln seiner Familie verfolgt. Mit den drei Bänden der „Will Eisner-Bibliothek“ präsentiert
Carlsen eine wunderbare Auswahl der Arbeiten eines der prägendsten Künstler des Comic-Genres.
Biografisches mit Autobiografischem vermengt auch der Spanier Angel de la Calle, denn in Modotti – Eine Frau des
20. Jahrhunderts erforscht er nicht nur das faszinierende Leben der Tina Modotti, sondern bringt auch seine eigene
Geschichte der Faszination für und Recherchen über Modotti zu Papier. Tina Modotti, die 1942 verstorbene Italienerin,
die in ihrem Leben erst Stummfilmschauspielerin in Hollywood, später Künstlermuse und Fotografin in Mexiko war und
schließlich ihr Leben als Revolutionärin der kommunistischen Internationale riskierte, war unter anderem Geliebte
des Künstlers Edward Weston und Freundin von Frida Kahlo. Mit seinem Buch präsentiert de la Calle mehr als nur ein
packendes Stück Zeitgeschichte.
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Dixie Road
Jean Dufaux, Hugues Labiano
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Die Südstaaten der USA in den 1930er-Jahren. Die Stimmung ist aufgrund der Weltwirtschaftskrise angespannt. Die Mutter der
14-jährigen Dixie Jones setzt sich für einen Streik gegen die Hungerlöhne der Fabrik, in der sie arbeitet, ein. Doch plötzlich
wird ihres und Dixies Leben völlig aus der Bahn geworfen, als Dixies Vater wieder auftaucht und als Folge seiner Gaunereien
der Sohn des Fabrikbesitzers stirbt. Die drei müssen fliehen, werden aber auch woanders keine Ruhe finden. Der Fabrikbesitzer
lässt sie von privaten Milizen verfolgen, und Dixies Mutter wird auch noch von ihrer Vergangenheit eingeholt. Mit Dixie Road
legen Jean Dufaux und Hugues Labiano ein packendes Drama vor, in der ein junges Mädchen nicht nur selbst in einen
gefährlichen Strudel um Geld und Gewalt gerät, sondern auch hautnah die Folgen der Großen Depression für die Menschen miterleben muss.
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