Punkrock Heartland
Andi Lirium
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Bass, ein 15-jähriger Hamburger Punk, fährt mit seinem ein paar Jahre älteren Kumpel Zottel nach Dänemark. Eigentlich hätte auch Zottels
Freundin Heike auf der Reise dabei sein sollen, doch die beiden haben sich gerade gewaltig verkracht. Bass kann das nur recht sein, denn
in Dänemark funkt es zwischen ihm und Zottel ganz gewaltig. Kaum zurück ist da allerdings wieder Heike – und alle Liebesschwüre von Zottel
sind vergessen ... Für Bass bricht eine Welt zusammen, und seine Wut kann er nur in Aggression umsetzen. Das anschließende Nazi-Verkloppen
endet aber weit dramatischer als geplant und Bass landet für mehrere Jahre im Knast. Das Leben im Gefängnis entwickelt sich weniger
unangenehm als erwartet, denn dort wird aus der Freundschaft zum Mithäftling Jannik, mit dem er anfangs nur gemeinsam Musik macht, langsam
Liebe. Und ihre Beziehung ist so stark, dass der ein halbes Jahr früher entlassene Jannik auch nach dem Knast auf Bass wartet und auf eine
gemeinsame Zukunft hofft. Doch kaum ist auch Bass entlassen, trifft er – erstmals nach 5 Jahren – wieder auf Zottel. Dass dieser noch immer
mit Heike (und inzwischen auch gemeinsamen Kindern) zusammen ist, verhindert weder das sofortige Aufflammen alte Gefühle noch den darauf
folgenden Sex (bei dem sie prompt von Heike erwischt werden). Sollte sich Zottel diesmal gegen Heike entscheiden? Und was ist mit Jannik ...?
Diese Kurzfassung könnte auch fast als Szenario irgendeines Shonen Ai-Mangas durchgehen, doch glücklicherweise hat Andi Lirium in
Punkrock Heartland etwas ganz anderes daraus gemacht: ein packendes Lebens- und Liebesdrama, das nicht nach konstruierter Fantasie,
sondern wie aus dem wahren Leben erscheint (und laut Vorbemerkung durchaus auch auf zwar überzeichneten, aber realen Geschehnissen beruht).
Die Story ist dabei gerade durch ihren Kontrast zwischen rauer Umgebung und romantischer Liebesgeschichte mitreißend. Zusätzliche Spannung
baut Andi Lirium durch die zeitlich nichtlineare Erzählweise auf, die nach und nach weitere Facetten der Beziehungen zwischen den
Figuren offenbart. Auch der auf den ersten Blick etwas krakelige Strich der nur in schwarz/weiß/gelb (und deren Mischtönen) angelegten
energiegeladenen Zeichnungen passt perfekt zur Geschichte. Andi Lirium gelang ein ungewöhnliches Comic-Debüt, veröffentlicht vom
schwulen Buchverlag Männerschwarm, und durchaus auch allen nichtschwulen (und nichtpunkigen) LeserInnen zu empfehlen.
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Gift
Barbara Yelin, Peer Meter
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Im April 1831 reist eine junge Autorin im Auftrag des Verlegers Brockhaus nach Bremen, um eine Reisebeschreibung über die Hansestadt zu
verfassen. Davon erzählen Peer Meter (Szenario) und Barbara Yelin (Zeichnungen) in ihrer Graphic Novel Gift. Yelins in
Bleistift angelegte Bilder der Stadt wirken dabei düster, fast bedrohlich und spiegeln damit das Gefühl wieder, das ihre Hauptfigur beim
Besuch der Stadt zu spüren bekommt. Denn als diese eintrifft, ist dies ausgerechnet kurz vor der Hinrichtung der Giftmörderin
Gesche Gottfried, die im Laufe der Jahre 15 Menschen tödlich vergiftete, darunter auch ihre Ehemänner und Kinder. Die durch
die unverständlichen Morde fassungslosen Bürger Bremens zeigen sich misstrauisch und verdächtigen die Autorin, nur wegen
der Hinrichtung in die Stadt gekommen zu sein. Und obwohl dies in keinster Weise ihre Intention war, wird sie doch immer
tiefer in den Fall der Giftmörderin hineingezogen. Während von allen die Schuld ausschließlich bei Gesche Gottfried gesucht
wird, sie als kaltblütige, fast dämonische Mörderin gilt, beginnt die junge Autorin dies zu hinterfragen und nach der
Mitschuld der Gesellschaft zu suchen, die über Jahre hinweg vor dem Geschehen die Augen verschloss. Doch ihr schlägt die
Feindschaft der Bürger und die Verachtung gegenüber ihrer emanzipierten Lebensweise entgegen.
Ein packendes Stück Zeitgeschichte, erzählt anhand des historischen Falls der Gesche Gottfried und endlich Yelins erste
deutschsprachige Buchveröffentlichung, nachdem ihre bisherigen Arbeiten ausschließlich in Frankreich vorlagen.
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Faust – Der Tragödie erster Teil
Flix
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Mit seinem neuesten Band begibt sich Flix zurück zu den Anfängen seiner Comic-Karriere, denn diese begann vor zwölf Jahren mit dem
Buch „Who the Fuck is Faust” bei Eichborn. Doch ganz zufrieden scheint Flix mit seinem Frühwerk nicht mehr zu sein, nahm er doch ohne
zu zögern das Angebot der F.A.Z an, für die Zeitung den Faust erneut als Comic umzusetzen. Und dies natürlich wieder in einer modernen
– denn Faust ist hier ein Berliner Taxifahrer, Gretchen eine deutschtürkische Muslima – und vor allem äußerst unterhaltsamen Version,
die in der nun erschienenen Buchausgabe äußerlich (als groß geratenes und in Hardcover gebundenes) Reclam-Heftchen daherkommt.
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Engelmann
Nicolas Mahler
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in Superheld made in Österreich und dann auch noch von Nicolas Mahler – das kann nur etwas ziemlich Schräges ergeben. Und so entstand Engelmann,
der mit seinen Superkräften „Empfindsamkeit”, „Ambivalenz” und „Gut-zuhören-können” sich nicht nur mit seinem
Erzfeind Gender-Bender, sondern auch mit dem Story Department seines Verlages herumplagen muss, das mangels Verkaufserfolg der Engelmann-Hefte
seinen Charakter immer wieder mal umschreibt und in so in die Schizophrenie treibt. Mahlers Buch ist ein köstliches Vergnügen, mit dem er nicht
nur das Genre, sondern auch die dahinterstehende Industrie parodiert und das dank zahlreicher Fußnoten und einer Covergalerie bestens über
den legendären geflügelten Helden informiert.
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Kick-Ass
Mark Millar, John Romita Jr.
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Ziemlich brutal, aber durchaus auch mit einer guten Portion schwarzen Humors geht es in Mark Millars und John Romita Jr.s Kick-Ass zu,
in dem sie von einem Superheld ohne Superkräfte erzählen. Denn solche gibt es schließlich nicht, aber dafür umso mehr Comics und Superheldenfilme,
die einen Jungen auf die Idee bringen können, einen Lycra-Anzug und eine Maske anzuziehen und auf Verbrecherjagd zu gehen. Für den jungen David
endet dies zwar schlimm, er landet schwer verletzt im Krankenhaus (da fehlten dann doch ein paar Kräfte), doch kaum von seinen Verletzungen genesen,
macht er weiter und wird dank YouTube zum Star – und zu einem Vorbild, denn auf einmal sind immer mehr kostümierte Möchtegern-Helden unterwegs ...
und sogar einige, die tatsächlich was drauf haben.
Millars harte Superschurkensaga „Wanted” erfuhr bereits eine filmische Umsetzung, nun kam auch Kick-Ass in die Kinos, unter der
Regie des Briten Matthew Vaughn, der bereits Neil Gaimans „Sternenwanderer” verfilmte.
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